Friedrich Stoltze: Ein letztes Flackern der Frankfurter Latern

Friedrich Stoltze: Ein letztes Flackern der Frankfurter Latern

Bei einer Recherche zu Friedrich Stoltze im Institut für Stadtgeschichte in Frankfurt, gab es als Beiwerk einen Hinweis über die Figuren im Hof der Durchfahrt vom Paulsplatz zur Limpurger Gasse, die ein fester Bestandteil in der „Frankfurter Latern“ von Friedrich Stoltze sind. Bekannt im weiten Rund waren sie als „Kannix“ und „Davidsburg“. Nun begibt man sich auf Spurensuche in die Buchläden …

Abschied von der Frankfurter Latern und Friedrich Stoltze?

„Friedrich Stoltze haben wir nicht mehr. Wird auch nicht neu aufgelegt, da kein Bedarf besteht.“ Das ist so der allgemeine Tenor, den man zu hören bekommt, will man Friedrich Stoltze lesen, der zu Unrecht im Schatten von Herrn Rat (Goethe) steht. Mit Glück findet man hier und da noch Restbestände. Ganz dolle lachte mir das Glück im Buchladen am Markt entgegen:

Friedrich Stoltze
Nur noch vereinzelt im Buchhandel zu bekommen: die Werke von Friedrich Stoltze

Enen, denen, dippen, dappen Friedrich Stoltze für Kinner un Kenner 106 Seiten, vorgelesen von Michael Quast, Liedgut vom Friedrich Stoltze Kinderchor

Jetzt gilt: Net lang rummache …

Nachdenklich macht die Geschichte dennoch, denn sowohl im Institut für Stadtgeschichte als auch in den Buchläden bekommt man die Vermutung bestätigt: Heimatkunde ist kein Lernfach mehr an den Schulen, weswegen kein Bedarf mehr an den Geschichten aus der Heimat sind. Und deswegen gibt es auch keine Originale mehr. Ich habe die Quetsche-Lilli aus Sachsenhausen noch gekannt. Wir lernten Frankfurter Geschichte und lasen nicht nur den Struwwelpeter. Heute ist das anders. Schade, denn damit geht auch eine Art Identifikation mit Frankfurt verloren.

Im Institut für Stadtgeschichte (Frankfurt)

Betmannstraße 3 in Frankfurt
Konrad Kohler und Johann Wilhelm Dilich zieren den Eingang Bethmannstraße 3 in Frankfurt

Das kann dann so ausgehen: Den Eingang des Standesamtes am Römer in der Bethmannstraße 3 zieren rechts und links Figuren.

Fragt man das Personal, was einen empfängt, wen die Herren rechts und links des Einganges darstellen, so ist das Wissen um jene darauf beschränkt, daß der Hinweis zum Touristikamt folgt. Das Touristikamt am Römer verwies auf das Historische Museum. Die Dame des Museums war zwar bemüht, aber die Herren blieben immer noch namenlos. Und nun? Da steht man seufzend auf dem Römerberg …

Gut ist in Frankfurt, dass die Wege kurz sind. Und wenn man weiß, wo man wirklich fündig werden kann und hin muss, ist das die halbe Miete. In vorliegenden Fall ist das jetzt das Institut für Stadtgeschichte in Frankfurt, in Spuckweite vom Römer gelegen. Und wenn man schon da ist, dann klärt man auch die Frage aus der Kindheit: Wer sind die Männer, die die Seufzerbrücke tragen?

Die Seufzerbrücke

Seufzerbrücke
Die vier Träger der Seufzerbrücke

Fährt man mit der Straßenbahn vom Hauptbahnhof zum Römer, dann fährt man kurz vor dem Römer unter einer Brücke durch. Diese Brücke wird von vier Figuren getragen. Jede Figur stellt den griechischen Gott Atlas in unterschiedlichen Haltungen dar.

Der Süden der Brücke zeigte Atlas mit dem Blick zur Innenstadt/Börse und ihn als Städter/Börsianer. Der Nordteil der Brücke zeigt Atlas mit Blick Richtung Main und stellt die Stadtteile Sachsenhausen (Fischernetz) und Oberrad (Sichel) dar. Und das war gar nicht so einfach herauszubekommen. Aber die Wissenden des Hauses helfen einem gerne weiter und geben ihr Bestes. Die Geschichte der Atlanten um die Seufzerbrücke bringt mindestens 1001 weitere Geschichten zutage. Es ist die Geschichte von der „Freiheit“ zur „Einheit“, von großdeutschen Träumen zu kleindeutschen Realitäten, die Geschichte von Friedrich Stoltze und seiner „Frankfurter Latern“, weswegen er auch zu Recht als Figur am Römer zu sehen ist. Die „plus eine Geschichte“ ist dann die von „Kannix“, den man, wie eingangs erwähnt, auch in Stein gehauen vorfindet. Einfach mal den Römerkomplex von außen erkunden. 😉

Und das erzählende Wissen um die Geschichten der Köpfe von Frankfurt geht verloren. Normalerweise müssten die Bediensteten mit Publikumskontakt in diese Richtung geschult werden. Es ist kein Ruhmesblatt, dass die Frankfurter Bediensteten in der Bethmannstraße 3 mit den Schultern zucken, wenn man sie fragt, wer den Figurenschmuck am Eingang darstellt und einem zum Touristikamt schicken. Und ich bin mir sicher, sie laufen täglich unter dieser Brücke hindurch zu ihrem Arbeitsplatz und wissen nicht, warum die Brücke die den Nordteil des Römers mit dem Süden verbindet, „Seufzerbrücke“ heißt.

Die Welt geht nicht unter, wenn man es nicht weiß. Aber wer es wissen will, der weiß nun, wo die Türen offen stehen. Nur noch die Brotdose und Thermoskanne einpacken, sich im Institut für Stadtgeschichte ausbreiten und nicht nur dem Friederich, der kein Wüterich war, hinterherlesen.